Kapitel 16 Es wird warm! Front- und Heckscheibenheizung

Kapitel 16 Es wird warm! Front- und Heckscheibenheizung

Artikel
01 Feb 2024

Heute wird‘s technisch, denn es geht um das Thema Heizung in Verbundsicherheits- (VSG) und Einscheibensicherheitsglas (ESG). Wir klären die Fragen: Wie funktioniert eine Scheibenheizung und wie kann diese fachgerecht geprüft werden?

 

Die Heckscheibenheizung gehört mittlerweile zur Grundausstattung eines jeden Fahrzeugs, aber auch die Frontscheibenheizung gewinnt immer mehr an Beliebtheit. Funktioniert die Scheibenheizung nach Scheibentausch nicht mehr, ist zuerst die Scheibe selbst in Verdacht. Aber diese ist nicht immer die Fehlerquelle, denn als elektrischer Verbraucher im Fahrzeug, kann auch sie von Übergangswiderständen und schlechten Steckverbindungen betroffen sein.

 

 

Aber fangen wir ganz von Anfang an:

Aus welchem Material besteht das Heizelement in der Scheibe?

Die Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten – es kommt drauf an! 😉

Scheibenheizungen mit sichtbaren Heizwendeln bestehen größtenteils aus Wolfram. Je nach verwendetem Zusatzmaterial kann das Erscheinungsbild der Heizwendeln aber variieren.

 

Die Verwendung von Wolfram bringt zwei Vorteile:

  1. Heiße Scheibe, kalte Zuleitung
    Der spezifische Widerstand von Wolfram ist fast dreimal so groß wie bei Kupfer. Für Kupfer liegt dieser bei p = 0,017, für reines Wolfram bei p = 0,053. Somit hat Wolfram eine geringere elektrische Leitfähigkeit und der Leiter erwärmt sich im Vergleich zu einem Kupfer-Leiter bei gleicher Stromzufuhr stärker.

    Was bedeutet das jetzt für Scheibenheizungen? Wir erinnern uns: Die Heizwendeln bestehen größtenteils aus Wolfram, die Zuleitung der Scheibenheizung hingegen aus Kupfer. Das bedeutet, die Heizwendeln werden heiß, während die Zuleitung kalt bleibt. Clever gelöst 😉

     

  2. Temperaturabhängiger Widerstand

Wolfram weist bauartbedingt zusätzlich sogenannte PTC-Eigenschaften auf. PTC steht für „Positive Temperature Coefficient“. Das bedeutet, dass der elektrische Widerstand bei steigenden Temperaturen ebenfalls ansteigt und der Stromfluss abnimmt.

Das ist ziemlich praktisch, denn dadurch wird die Scheibentemperatur unabhängig von der Ansteuerung beeinflusst, sodass die Maximalscheibentemperatur von 70°C nicht überschritten wird.

 

Weitere Varianten für Scheibenheizungen

 

Bei Scheibenheizungen für Heckscheiben kann der Heizleiter auch aus Silberlacken bestehen. Silber ist leitfähiger als andere Materialien und hat eine hohe Wärmeleitfähigkeit, sodass dadurch weniger Heizleiter in der Heckscheibe benötigt werden.

 

Frontscheiben können auch mit einer Silberschicht bedampft werden. Dies ist am Eurocode „ACKK“ oder „ACKCK“ zu erkennen. Im Sonnenlicht kann die Scheibe in unterschiedlichen Farbtönen von grün bis lila schimmern. Um eine akzeptable Heizleistung zu erzielen, muss allerdings mit einer 48 Volt Versorgungspannung gearbeitet werden, da die Beschichtung nur sehr dünn ist. In Fahrzeugen mit einem 12 Volt Bordnetz wird dafür ein 48V/12V DCDC-Wandler eingesetzt. Bei Hybridfahrzeugen, die ohnehin ein 48 Volt Bordnetz zu Verfügung haben, entfällt der Wandler.

 

 

Aber wie lässt sich eine Heizscheibe fachgerecht auf Funktionalität prüfen und wo sind oft Fehler vorzufinden?

 

Schauen wir uns zuerst an, welche Messungen an einer Heizung vorgenommen werden können:

  • Widerstandsmessung
  • Spannungsmessung
  • Temperaturmessung
  • Strommessung

 

Heizt eine Scheibe nicht, kann es dafür vier Gründe geben:

  1. Keine Spannung
  2. Zu wenig Spannung
  3. Zu hoher Widerstand
  4. Kurzschluss

 

Wie bekommen wir das nun alles unter einen Hut? Der Reihe nach!

 

Widerstands-, Spannungs- und Temperaturmessung

  1. Jede Heizscheibe weist PTC-Eigenschaften auf. Das heißt, wir müssen bei jeder Widerstandsmessung mit einem Multimeter auch die Glastemperatur im Hinterkopf behalten. Steht das Fahrzeug in der prallen Mittagssonne, wird ein höherer Widerstand gemessen, als wenn es kühl im Schatten steht.

     

  2. Welcher elektrische Widerstand kann bei einer Heizscheibe bei ca. 20°C Scheibentemperatur erwartet werden, wenn die Sicherung der Heizung mit 20 Ampere abgesichert ist?

    R = U / I

    R = 14,4 V / 20 A

    R = 0,72 Ohm

    Das bedeutet, bei laufendem Motor und einer normaltemperierten Scheibe kann ein elektrischer Widerstand von R = 0,72 Ohm erwartet werden.


  3. Gut zu wissen: Direkte Widerstandsmessungen werden immer im spannungsfreien Zustand durchgeführt. Das heißt, die Anschlüsse sind abgeklemmt, die Stecker liegen offen und es fließt kein Strom.

     

  4. Ob eine Windschutzscheibe unter Last funktioniert und den entsprechenden Widerstand hat, kann also beispielsweise mit einer Vierleitermessung erfolgen. Hierbei wird der Widerstand anhand von Spannungsabfall und Stromstärke ermittelt. Für diese Messung sind allerdings mindestens 3 Messgeräte (Amperemesszange, Multimeter und Infrarotthermometer) notwendig. Anhand der Messergebnisse wird nach dem Ohm’schen Gesetz (U = R x I) der entsprechende Widerstand errechnet.

  5. Dieses Vorgehen ist zwar sehr genau, erweist sich aber als sehr zeitaufwendig und komplex.

     

  6. Daher mein Tipp: Solange die Scheibe normaltemperiert ist (Glastemperatur zwischen 10-20°C), kann auch mit einem Multimeter eine schnelle Widerstandsmessung durchgeführt werden. Wird bei einer nicht angeschlossenen Scheibenheizung direkt zwischen den Steckern ein Widerstand von unter 1 Ohm gemessen, liegt zumindest keine Unterbrechung in der Scheibe selbst vor und die Heizfunktion sollte gegeben sein. Allerdings darf das Ohmmeter nicht 0,0000 Ohm anzeigen. In dem Fall hätten wir einen Kurzschluss. Dieses Vorgehen kann sowohl bei einer unverbauten als auch bei einer verbauten Scheibe durchgeführt werden. Die Vierleitermessung kann hingegen nur bei einer verbauten Scheibe eingesetzt werden.

 

Spannungsmessung

 

Als Nächstes wird geprüft, ob bei eingeschalteter Heizung die Spannung an der Scheibe stabil anliegt. Bei eingeschalteter Zündung sollte zwischen dem Plus- und Minus-Anschluss der Heizung die vollständige Batteriespannung anliegen. Das sind in der Regel 12 bis 12,4 V. Ist das der Fall und die Scheibe heizt trotzdem nicht, ist der Fehler in der Steckerverbindung zu suchen.

 

Eine schlechte Lötverbindung oder korrodierte/verbogene Stecker können Übergangswiderstände verursachen. Dadurch fällt ein Teil der Spannung der Batterie bereits im Steckeranschluss selbst ab und bildet zusammen mit der nachfolgenden Heizung einen Spannungsteiler. Mit anderen Worten: Die Heizung bekommt nicht genügend Saft.

 

Zusammengefasst bedeutet das:

  1. Keine Spannung

    Sicherung und Spannungsversorgung direkt am fahrzeugseitigen Kabelbaum prüfen. Minimum 12 Volt.

     

  2. Zu wenig Spannung

    Spannungsabfall zwischen Anschluss und Scheibe sollte <0,1 Volt sein.

    Bei Heckscheiben: Übergangswiderstand zwischen Lötverbindung und Sammelschiene prüfen.

    Bei Windschutzscheiben: Steckerverbindung zwischen fahrzeugseitigem Kabelbaum und Heizungsstecker prüfen.

     

  3. Zu hoher Widerstand

    Widerstand der Heizung im normaltemperierten Zustand prüfen. Richtwert: <1 Ohm. Vierleitermessung kann für präzise Ergebnisse durchgeführt werden.

     

  4. Kurzschluss

Zeigt das Multimeter exakt 0 Ohm an, liegt ein Kurzschluss vor.

Ist kein Widerstand zu messen, liegt eine Unterbrechung vor.

In beiden Fällen muss die Scheibe getauscht werden.

 

Wenn man mit den Grundlagen der Elektrotechnik noch nicht vertraut ist, kann die Logik hinter den Prüfungen erst einmal verwirrend sein. Allerdings klingt es komplizierter als es am Ende der Fall ist. Übung macht auch hier den Meister 😉 Und wenn etwas nicht funktioniert, rufen Sie mich bei Fragen gerne an.

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